Münster West

Ein Radweg ist ein Radweg, ist ein Radweg, ist kein Radweg

Schauen wir uns das Bild zu diesem Beitrag an. Radlerinnen und Radlern sowie Spaziergängerinnen und Spaziergängern in Roxel ist es wohl vertraut. Zu sehen ist der Einstieg in die Verbindung zwischen den Straßen Bredeheide und Stodtbrockweg, neben der Autobahn 1, die zur Rechten etwa 150 bis 200 Meter weit entfernt ist. Beim rechts zu sehenden Schild, direkt neben den Begrenzungspfählen, handelt es sich um das Verkehrszeichen 240 gemäß Paragraph 39 der Straßenverkehrsordnung. Es handelt sich also um einen gemeinsam genutzten Rad-/Gehweg, zu nutzen von Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, ohne Autos.

Alles klar, oder?

Radweg Bredeheide - Stodtbrockweg, Roxel

Anfang der Radwegeverbindung zwischen Bredeheide und Stodtbrockweg an der Bredeheide in Roxel

Wäre das so, wäre der Artikel jetzt zu Ende. Da dies nicht der Fall ist, muss es einen Haken geben. Dieser stellt sich wie folgt dar: Eigentlich ist der gezeigte Weg eine durch die Stadt Münster für die beiden anliegenden landwirtschaftlichen Betriebe unterhaltene Autostraße, auf der die Bauern freundlicherweise auch Radlerinnen, Radler, Fußgängerinnen und Fußgänger dulden.

Dieser Weg gehört seit 2007 zu einer meiner Standard-Hunderunden. Seitdem wundere ich mich, dass mir dort immer wieder Autos entgegenkommen. Bisweilen werden Kinder zur Schule gebracht, die Landwirte holen Brötchen oder ähnliches.

Wie geht das?

Nette Landwirte gestatten Transit über ihre Höfe

Es ist recht einfach. Auf dem obigen Bild ist zu erkennen, dass vom angrenzenden Grundstück eine Verbindung auf den Weg vorhanden ist. Analog ist es am anderen Ende, an dem sich ebenfalls ein Bauernhof befindet. Diese Verbindungen sind sinnvoll. Immerhin müssen die Landwirte ja mit den Maschinen auf ihre Felder kommen. Über die Höfe fahren aber auch immer wieder Autos aus der Nachbarschaft auf den Radweg, um die Strecke zwischen Bredeheide und Stodtbrockweg abzukürzen. Denn andernfalls müssten sie in den Ort und über die viel befahrene Havixbecker Straße und die Roxeler Straße fahren. Die beteiligten Landwirte dulden diesen Nachbar-Verkehr über ihre Höfe offenbar.

Es freuen sich aber auch Paketdienste, Handwerker und Pferdetransporte über die schnelle Querverbindung.

DPD-Transporter auf Radweg in Roxel

Paket-Transporter auf dem Radweg zwischen Bredeheide und Stodtbrockweg in Roxel am 11. Oktober 2018.

Auf die Dauer empfand ich den Autoverkehr auf dem Radweg durchaus als störend. Die beiden angrenzenden Landwirte berichteten mir auf Nachfrage allerdings, die Nutzung des Weges mit Kraftfahrzeugen sei ihnen gestattet. Es handele sich um einen Privatweg, der vor Jahrzehnten vertraglich der Stadt Münster für die Nutzung als Rad-/Gehweg zur Verfügung gestellt worden sei.

Aussichtslosigkeit des Antrags war absehbar

Trotzdem verfasste ich schließlich am 20. April 2020 den Antrag „Durchfahrt auf dem Rad-/Gehweg zwischen Bredeheide und Stodtbrockweg unterbinden“ an die Bezirksvertretung West des Münsterschen Stadtrates. Ein geeignetes Ratsgremium sollte den Sachverhalt als Anregung gemäß Paragraph 24 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen beraten. Im Antrag regte ich an, die Durchfahrt durch bauliche Maßnahmen auf der Mitte des Verbindungsweges zu unterbinden, so dass beide Bauern weiterhin ungehindert zu ihren Feldern gelangen könnten. Da ich aber ahnte, dass diese Bitte abgelehnt werden würde, schrieb ich in den Antrag auch: „Zumindest sind aber Hinweisschilder anzubringen, die auf die Gefährdung durch Autoverkehr hinweisen.“

Denn, das war von Anfang an klar, „Bürgeranträge“, also Anregungen gemäß Paragraph 24, stehen auf der Prioritätenliste der Rats- oder Bezirksvertretungsmitglieder ganz unten. Ausnahmen gelten nur für die Fälle, dass sie von Parteifreunden eingereicht werden, die idealerweise auch noch die lokale Wirtschaft oder die Landwirtschaft vertreten. Auch kirchliche Belange werden jeweils hoch priorisiert. Da ich weder zum örtlichen Politfilz gehöre, noch eine der genannten Gruppen repräsentiere, war mir die geringe Bedeutung des Antrags für die Kommunalpolitik bewusst. Ob erschwerend noch hinzu kommt, dass einer der anliegenden Bauern auf der Wahlliste einer großen Partei für die Bezirksvertretung West steht, ist Spekulation.

Eine weitere Hürde war sicherlich, dass der Antrag sich explizit mit dem – laut Antragstext – Schutz „der schwächsten Verkehrsteilnehmer“ befasste. Dies wird in Münster, wo man sich mit überflüssigen touristischen Luxusradwegen schmückt, ansonsten aber weiterhin mit zumindest gleichermaßen nutzlosen Umgehungsstraßenplänen aus der Mottenkiste den Autoverkehr fördert, als lässliche politische Aufgabe bewertet. Am deutlichsten wird diese Haltung mit der klar rechtswidrigen Haltung des Münsterschen Ordnungsamts, das es innerstädtisch duldet, wenn Autos auf dem Gehweg parken, solange ein Meter Durchlass für Fußgängerinnen und Fußgänger bleibt. Als Rechtfertigung dafür wird ein ominöser „Parkdruck“ angeführt.

Der Oberbürgermeister will nicht handeln

Schlechte Aussichten also für einen eigentlich selbstverständlichen Antrag in einer autofreundlichen Kommune wie Münster. In einem original von Oberbürgermeister Markus Lewe unterzeichneten Schreiben mit Datum vom 22. Juni teilt dieser mit, dass er keine Lust habe, sich mit dem Anliegen zu befassen. Im Amtsdeutsch klingt dies natürlich anders, nämlich: „Dennoch bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass ich dieser Anregung aus den oben genannten Gründen nicht nachkommen kann.“

Kartenausschnitt Roxel: Verbindung Stodtbrockweg - Bredeheide, Roxel (Quelle: openstreetmap.de)

Kartenausschnitt Roxel: Verbindung Stodtbrockweg – Bredeheide, Roxel (Quelle: openstreetmap.de)

Und dies sind die Gründe: Fachämter und Polizei hätten geprüft und festgestellt, dass es sich um einen Privatweg handele. Genauer führt der Oberbürgermeister aus: „Für diesen Privatweg liegt ein Vertrag zwischen den Eigentümern und der Stadt Münster vor. In diesem ist festgelegt, dass das Amt für Mobilität und Tiefbau für die Unterhaltung des Weges zuständig ist. Entscheidungen über bauliche Maßnahmen, wie die Sperrung des Weges, obliegen den Eigentümern.“ Etwas später erklärt Lewe hellsichtig: „Eine bauliche Sperrung läge zudem vermutlich nicht im Interesse der Eigentümer.“ Außerdem sähen Polizei und Straßenverkehrsbehörde wegen ausbleibender Unfälle keinen Anlass, „verkehrsregelnde Maßnahmen zu ergreifen“.

Die Stadt Münster hat also mit Bauern einen Vertrag, dass sie ihnen einen Privatweg pflastert und pflegt, damit diese schneller zum Brötchenholen kommen. Alle wichtigen Entscheidungen über den Weg dürfen aber nur die Nutznießer der städtischen Dienste treffen. Zum Ausgleich durfte die Stadt Radwegeschilder aufstellen.

Irreführende Beschilderung müsste entfernt werden

Aus Sicht unvoreingenommener „Verkehrsteilnehmer“ erscheint die Wegeverbindung als Teil des normalen öffentlichen Straßennetzes. Die Sperrpfosten wie auch das Rad-/Gehwegschild vermitteln darüber hinaus den Eindruck, dass es ein Weg ohne Autoverkehr sein wird. Das Verkehrsschild deutet außerdem an, dass dort die Straßenverkehrsordnung gilt. Autos dürften also garantiert nicht auf dem Weg fahren. Die Überraschung wird groß sein, wenn hinter einer dort vorhandenen scharfen Kurve ein motorisiertes Gefährt auftaucht.

Auf meine Anregung, wenigstens auf die Gefahr von Kfz-Verkehr hinzuweisen, geht der Oberbürgermeister in seinem Schreiben nicht ein.

Für mich bleibt die Frage offen, warum die Stadt Münster Radfahrende und zu Fuß Laufende in die Irre führt, anstatt den Weg wenigstens nicht als Rad-/Gehweg auszuschildern. Angebrachter wäre nach meiner Einschätzung ein von den Eigentümern anzubringender Hinweis, dass es ein Privatweg sei, Rad- und Fußverkehr aber gestattet sei.

Übrigens: Kontaktaufnahmen seitens der Kommunalpolitik nach der Antragstellung: null. Es gab allerdings ein Gespräch mit einem mir bereits bekannten Vertreter einer Splitterpartei in der Bezirksvertretung West, weil wir uns zufällig auf der Straße trafen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*